Was kann Werbung eigentlich für Disability Mainstreaming tun, Judyta Smykowski?

Shownotes

Judyta Smykowski von den Sozialheld:innen, erklärt in dieser Folge, was Disability Mainstreaming bedeutet und was Werbung damit für mehr Inklusion tun kann. Sie erklärt den Unterschied zwischen "eine Behinderung haben" und "behindert werden" und warum Barrierfreiheit nicht bei Rollstuhlgerechtigkeit aufhört.

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„Was kann Werbung eigentlich“

Folge 5: Was kann Werbung eigentlich für Disability Mainstreaming tun? Mit Judyta Smykowski

Jule: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge „Was kann Werbung eigentlich?“. Heute spreche ich mit Judyta Smykowski. Sie ist Redakteurin bei den Sozialheld*innen und spricht in ihrem Podcast „Neue Normen“ gemeinsam mit Raul Krauthausen und Jonas Papa über Behinderung, Inklusion und Gesellschaft und so heute eben auch mit mir. Ich konnte unglaublich viel aus dieser Folge mitnehmen, denn Judyta hat mir nicht nur den Begriff „Disability Mainstreaming“ erklärt, sondern auch den Unterschied zwischen einer Behinderung haben und behindert werden. Nach dieser Folge wisst ihr also auf jeden Fall mehr über Inklusion und vor allem darüber was wir Werber*innen dafür tun können. Dazu gehört unter anderem Barrierefreiheit zu schaffen. Deshalb wird das die 1. Folge mit einem Transkript sein. Dank Judyta´s Hinweis werden wir das natürlich jetzt auch in allen folgenden Episoden umsetzen. Gleichzeitig ist es aber auch die letzte Folge der 1. Staffel „Was kann Werbung eigentlich?“. Nach einer kleinen frühen Sommerpause geht es dann mit neuen Inhalten weiter. Bis dahin freuen wir uns besonders über eure Bewertungen auf Spotify und iTunes. Das hilft uns sehr und natürlich wie immer über Feedback in den Kommentaren bei iTunes oder bei Kolle Rebbe auf Instagram. Und jetzt wünsche ich euch erstmal ganz viel Spaß mit dieser letzten Folge.

Judyta: Ich bin Judyta, 32, Journalistin und bin bei den Berliner Sozialheld*innen. Das ist vielleicht so die erste Sache. Die zweite Sache ist, dass ich Rollstuhlfahrer bin und die Dritte, dass ich 30 Pflanzen besitze.

Jule: Was bedeutet denn Werbung für dich ganz persönlich? Was verbindest du damit?

Judyta: Werbung ist etwas, was uns umgibt glaube ich. Also ständig, wenn wir durch die Straßen laufen oder rollen ist sie da. Sie ist jetzt auch subtiler, da bei Instagram zum Beispiel nicht mehr so diese „Haut drauf TV-Werbung“.

Judyta: Die es natürlich immer noch gibt, aber die vielleicht jetzt in meiner Generation vielleicht weniger konsumiert wird.

Jule: Und verbindest du irgendwas persönlich mit Werbung? Also weißt du, hast du irgendwie so eine Kindheitserinnerung oder irgendwas? Also weißt du so eine andere Assoziation mit Werbung, als nur da will mir was verkauft werden?

Judyta: Ja manchmal schon, wenn eben wirklich Werbung da ist, die berührt. Das hab ich schon manchmal. Aber als Kind, kommt mir die Merci Werbung, das Merci Lied. Das ist etwas, was mich doch schon gepackt hat.

Jule: Du hast ja gerade schon die neue Norm erwähnt. Kannst du vielleicht noch mal erklären was du da genau machst oder was ihr macht? Was so eure Mission ist und was genau da deine Rolle ist?

Judyta: Genau, also das Dach des Ganzen sind die Sozialheld*innen. Das ist ein Verein aus Berlin, der sich ja um die Belange kümmert von Menschen mit Behinderungen. Inklusion on und offline sage ich manchmal. Also wir haben viele verschiedene Projekte, die „Wheel Map“ zum Beispiel. Das ist eine Karte für rollstuhlgerechte Orte, die man sich auf aufs Handy runterladen kann. Also wirklich eine App, wo man wirklich die Orte markieren kann, egal wo man ist auf der Welt. Wenn man ins Restaurant geht, kommt man als Rollstuhlfahrerin rein oder nicht. Also jeder und jede kann mitmachen, gerne mitmachen. Das hilft uns sehr im Planen des Alltags sozusagen. Und ja Stichwort Werbung da hatten wir mal mit Google Chrome ein Werbespot zusammen. Und das war irgendwie ganz cool, dass die beiden Produkte dann auch zusammen erscheinen konnten. Und das war sozusagen das erste größere Projekt von uns und dann wurden auch so ein bisschen Medien aufmerksam auf uns. Und so ist es dann zu zwei Projekten gekommen, die ich betreue. Einmal Leid-Medien mit D, also das Leiden an steckt da schon drin. Da sind wir schon beim Wording „an der Behinderung leiden“ wo wir sagen: Ne man hat erstmal eine Behinderung und ob man leidet, ist erstmal noch zweitrangig beziehungsweise muss auch nicht immer so sein. Also sehr viel beschäftigen wir uns mit Wording in der Werbung, in der Presse, in der Öffentlichkeit. Und dann ist eben noch eins zum anderen gekommen. Und dann haben wir irgendwann gesagt wir wollen diesen Journalismus, diesen inklusiven, diese inklusive Geschichten erzählen auch eben machen. Und so ist es eben zum Podcast und Magazin „Die neue Norm“ gekommen, wo ich eben auch mitarbeite. Genau und ähm ja also ein zum anderen kommt so ein bisschen, weil wir immer wieder sehen, dass Behinderung immer noch eine Nische ist, dass Behinderung eher vorkommt, thematisch so in medizinischen sozialen Bereich. Sanitätshaus, Pflegemangel, diese ganzen Themen und deswegen wollen wir eben sagen: Wir sind nicht nur behindert, wir sind ja eben Teil der Gesellschaft und ja wie du mich schon gefragt hast was macht mich noch aus? Also mich machen viele Sachen aus, außer der Behinderung. Und das wollen wir eben sichtbar machen.

Jule: Ja sehr schön. Ich finds auch ganz spannend, weil ich hab mich natürlich vorher damit beschäftigt, was ihr so macht. Da hattest du gesagt ihr wollt irgendwie so „Disability Mainstreaming“ machen und das finde ich so einen ganz coolen Begriff und der glaube ich für die Werbung auch total interessant ist in dem Kontext weil es ja, da kommen wir später auf jeden Fall nochmal im Detail dazu, aber das es eben nicht nur darum geht dass man so wir machen ja Aktion Mensch zum Beispiel als Kolle Rebbe das ist ja so aktivistisch angehaucht. Das kommt ja irgendwie aus einer bestimmten Ecke aber dass man es eben nicht nur aus aktivistischer Motivation heraus macht und mit diesem Part „Wir sprechen jetzt über das Thema Inklusion oder über Disablism oder so, sondern dass man das wirklich versucht in den Mainstream also in jedem Film und in jedem Werbefilmen und in jede Werbung irgendwie so zu integrieren. Das finde ich super super spannend. Und jetzt habe ich ja gleichzeitig schon 1000 Begriffe genannt und du wahrscheinlich auch schon, die man vielleicht nicht versteht, wenn man sich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Deswegen finde ich das immer ganz gut, ich mache es immer am Anfang vom Podcast bevor wir ins Thema einsteigen, dass wir einmal gucken was sind denn so Begriffe die man kennen sollte um mitreden zu können? Was sind auch, ich glaube das ist gerade bei dem Thema Behinderung so auch ein Riesenthema, was ist richtig, was ist nicht richtig? Also so weißt du, da gibt es ja wahrscheinlich 1000 Formulierungen und es gibt sicherlich auch in der Community und unter Menschen mit Behinderungen auch wahrscheinlich andere irgendwie Formulierungen, die sie gerne mögen oder die sie für sich selbst nutzen. Kannst du da mal so einen kleinen Einblick geben, ein kleines Vokabular, mit dem wir in die Podcast Folge starten können?

Judyta: Also eigentlich schon perfekt auf den Punkt gebracht. Je nachdem, wen du fragst kriegst du vielleicht eine andere Antwort. Vielleicht die erste Frage, die immer kommt: Darf man Behinderung sagen? Ja auf jeden Fall. Da sagen wir: Bitte benutzt diesen Begriff, scheut euch davor nicht. Es gibt Berührungsängste davor, es gibt natürlich noch diese Unsicherheit, ist das das Richtige? Und das ist ja auch erstmal schön, dass Menschen sich die Gedanken machen und sagen verletze ich damit jemanden? Wir sind der Meinung Behinderung, auf jeden Fall. Es gibt natürlich Leute die sagen, die selbst behindert sind, ich höre dieses Wort immer nur als Schimpfwort auf dem Schulhof. Ich möchte so nicht bezeichnet werden. Das kann ich total verstehen, aber umso mehr müssen wir uns diesen Begriff wieder zurückholen, weil es gibt zwei Dimensionen, die ganz ganz wichtig sind bei Behinderung. Und zwar das behindert sein und das behindert werden. Das heißt ich bin im Rollstuhl unterwegs, ich hab eine Behinderung, aber ich werde auch behindert. Also durch kaputte Aufzüge, durch Diskriminierung am Arbeitsmarkt, durch ständiges Unterschätzen, durch ständige Ablehnung von der Krankenkasse, von irgendwas was ich beantragt hab und zum Leben brauche. Also solche Dinge. Es gibt immer diese zwei Dimensionen, die eben wichtig sind auch sprachlich auszudrücken, deswegen das kann man eben mit behindert sein und behindert werden. „Mit Handicap“, das ist eben auch ein Wort was häufig genannt wird, kann man das eben nicht. Gehandicapt, schlechtes Deutsch, und eben ja wenn es eben nur aus diesem Grund auch genannt wird, eben um es zu vermeiden, um diese Unsicherheiten zu umschiffen, dann doch bitte trotzdem oder gerade deswegen dann bei diesem Wort bleiben. Bei Behinderung bleiben und das eben auch benennen. Natürlich immer nach der Selbstbezeichnung fragen. Das ist glaub ich in der Sprache einfach egal bei welcher Dimension wir sind immer auch sehr wichtig. Behinderung kann eben auch Empowerment sein, bestärkend sein, wenn man sie annimmt, wenn man sie in Stärke umwandelt. Das ist ein individueller Prozess, das ist bei allen Menschen anders und auch zu verschiedenen Zeitpunkten geschieht das. Aber es hat so etwas bestärkendes sich auch untereinander auszutauschen immer mal wieder und gemeinsam eben Ideen zu haben behinderte und nicht behinderte Menschen, wie man eben für mehr Inklusion sich einsetzen kann. Und genau also Behinderung nicht als Schimpfwort zu nehmen, nicht als etwas Sonderbares, sondern als ein Fakt, der einen auch sehr beeinflusst, der einem aber auch Rechte zuerkennt. Behinderung bedeutet auch rechtlich gesehen, Chance auf Nachteilsausgleiche, also es ist ein Status, es ist eine Identität auch, da kommen wir ja auch so ein bisschen in diese ganz Feinheiten sozusagen rein. Behinderter Mensch, Mensch mit Behinderung, da kann man auch wieder nochmal unterscheiden, was nennst du zuerst? Nennst du den Menschen zuerst oder die Behinderung zuerst? Das kann auch jede und jeder für sich selbst beantworten. Ich zum Beispiel sag oft behinderter Mensch, weil ich eben wirklich auch ausdrücken möchte, dass man behindert wird. Genau, das eben erstmal zum Wort Behinderung und eben dieses Fragen und unsicher sein, das ist ganz normal und deswegen finde ich das auch schön, dass wir das jetzt gerade so am Anfang auch klären können ne.

Jule: Sehr schön also ich finde das auch super spannend, weil ich glaub, so dieses Thema von „Wenn man es nicht benennt, dann ist es auch nicht da“. Also ich finde, das kennt man ja auch im Kontext von Rassismus, dass gesagt wird so wir müssen es nicht absprechen und sagen wir sind alle gleich, sondern es ist auch Ok es zu sagen, dass es nicht so ist, weil nur dann hat man irgendwie ein Mittel um Ungerechtigkeiten und also ja nicht Ungleichheit, sondern Ungerechtigkeit irgendwie auch so zu zeigen und irgendwie darüber zu sprechen.

Judyta: Total, das ist ja auch so wenn man sagt: „Wir sind ja alle irgendwie behindert oder ich sehe deine Behinderung nicht“. Das sind 2 Sätze, die eben wirklich nicht viel weiterbringen. Also es ist weder eine gute Intention zu sagen, wir haben ja alle irgendwas. Ja, aber ich glaube da verwechselt man das mit, wir haben alle ein Päckchen zu tragen oder wir haben alle nicht vielleicht das Leben was wir uns irgendwo insgeheim erhofft haben. Aber das ist nicht eine Behinderung. Also da muss man wirklich unterscheiden und das eben nicht so eine Gleichmacherei zu machen, sondern wirklich sagen „wir müssen die Barrieren benennen wir müssen uns darauf konzentrieren und wir müssen eben auch alle auch die behinderten Menschen daran arbeiten diese Barrieren auch abzubauen“

Jule: Wie wird denn Inklusion definiert? Also wenn wir jetzt so in das Gespräch gehen. Wie, was bedeutet Inklusion?

Judyta: Inklusion ist, wenn jeder und jede so teilhaben kann, wie er oder sie ist. Das heißt alle Menschen können gestalten, so wie sie sind, mit den Voraussetzungen, die sie mitbringen und haben eben auch die Chance, die gleichberechtigte Chance teilzuhaben, Teil zu geben also eben auch zu bestimmen, zu gestalten. Und das was dabei rauskommt, beziehungsweise auch schon der Prozess ist eben Inklusion. Also Inklusion wird häufig auch nur im Zusammenhang mit Behinderungen genannt, es ist eben aber auch nicht so. Es schließt wirklich alle Menschen mit ein. Inklusion ist, wenn wir alle so teilhaben können und Teil geben können, wie wir sind.

Jule: Ich hab den Begriff Ableistisch oder Ableismus noch irgendwie mir auch aufgeschrieben. Kannst du das noch mal erklären, was das bedeutet?

Judyta: Das ist eben Diskriminierung von behinderten Menschen. Also Behindertenfeindlichkeit könnte man sagen, obwohl in Deutschland oder im Deutschen dieses Wort noch ein bisschen zu wenig dafür ist. Also bei Ableismus geht es auch wirklich um den strukturellen Teilen, also wirklich auch das Ausschließen, die Diskriminierung, die Behindertenfeindlichkeit subtil oder offensichtlich. Genau das System sozusagen der Diskriminierung.

Jule: Wenn wir jetzt schon dabei sind irgendwie auch so dieses behindert werden und was gibt es denn für Barrieren in der Gesellschaft. Wie würdest du denn den Umgang von Menschen mit Behinderungen in Deutschland irgendwie beschreiben? Wahrscheinlich reicht dafür weder eine Stunde irgendwie noch zwei.

Judyta: Mitleid und Bewunderung, das ist ja eine sehr große Range. Das sind so zwei Emotionen, die uns sehr sehr häufig begegnen und die haben eben auch mit Klischees zu tun. Also einmal das Mitleid beziehungsweise das Klischee behindertes Leben ist, muss ja schlimm sein voller Leid oder quasi auch Lebens also nicht lebenswert gab es ja auch in der Geschichte die Meinung. Und auf der anderen Seite dieses bewundernde was eben wieder komplett ins Gegenteil umschwenkt und uns für alles bewundert und uns aber auch nicht befragt zu unserer Meinung. Also wenn ich auf einer WG Party auftauche und das bewundert wird, hat man mich noch nicht gefragt ob es einfach normal ist für mich auf ne WG Party aufzutauchen und ich damit jetzt hier nicht den Mount Everest erklommen hab, sondern einfach auf einer Party bin. Ähm das heißt, das sind wieder so ein bisschen so die Klischees, die Vorannahmen, die man hat, die auch wirklich normal sind. Das möchte ich auch noch mal sagen, aber wo man sich ja auch immer wieder bilden kann wo man eben mal wieder im Internet die Welt ist ja voll von Stories von uns zum Glück auch schon ne also wir werden sichtbarer. Wir nehmen uns auch den Raum im Internet und erzählen auch von uns, aus unserer Sicht, weil wir müssen uns auch mal erzählen wir behinderte Menschen. Wir müssen diese Geschichten auch immer wieder erzählen, weil wir eben häufig nicht mitgedacht werden. Und deswegen kann man diese Geschichten eben auch viel konsumieren und kann eben auch irgendwann diese zwei Emotionen auch ablegen. Das heißt nicht, dass ich nicht bewundert werden möchte für meinen Podcast zum Beispiel, weil ich den natürlich auch toll mache. Das hat nichts mit meiner Behinderung zu tun, sondern damit, dass ich das irgendwie handwerklich beherrsche, und das Thema ist Behinderung. Genau und wenn wir das so emotionalisieren und dann, wenn wir jetzt immer wieder so in diesen Extremen sehen, schafft es ja auch eine Distanz. Wir sind dann nicht auf Augenhöhe und darum geht es ja eigentlich um die Augenhöhe und dass wir uns alle mal so ein bisschen beruhigen nicht bewundern, nicht bemitleiden, sondern erstmal sagen „Hi ich bin der und der, ich bin die und die und lass mal unterhalten auf der WG Party ne“. Und nicht gleich irgendwie mit der Tür ins Haus und über die Behinderung unterhalten. Inklusion in der Schule ist ein Riesenthema ist hier aber auch so ein zerredetes Thema und sehr negativ behaftetes Thema und es ist auch ein Thema was ja bei Kindern mit Behinderung wirklich noch in Deutschland sehr das Elternhaus dafür verantwortlich ist, wie weit es dieses Kind schafft, wie weit es auf eine Regelschule geht, einen Regelkindergarten, also das heißt mit allen anderen zusammen und nicht auf eine andere Schiene gelangt, da auf die Förderschiene. Das heißt das ist schon mal sehr sehr schlimm, dass es in Deutschland immer noch so ist, dass es sehr vom Elternhaus abhängt. Gleichzeitig vielleicht auch mal eine Zahl 10% der Menschen in Deutschland haben eine Behinderung, die sie von Geburt an haben sind darin in der Minderheit. Das heißt mehr von diesen Menschen erwerben sie im Laufe des Lebens. Dann beim Arbeitsmarkt können wir uns verbessern, bei der Repräsentation. Ich glaube einfach auch bei Mechanismen in der Gesellschaft und in der Politik. Also das einfach immer eine behinderte Person auch am Tisch sein muss. Also das ist irgendwie so eine einfache Regel, aber selbst bei Gesetzen, die über behinderte Menschen bestimmen sind behinderte Menschen meistens nicht dabei und müssen dann erstmal protestieren und müssen den Politiker*innen auf die Finger gucken und sagen „sag mal das kann nicht sein, dass ihr jetzt gerade nicht mit uns gesprochen habt und es euch einfach ausgedacht habt hier, wie wir leben“. Da sind wir wieder beim Austausch miteinander, bei den Berührungspunkten miteinander die finden halt nicht statt. Und genauso ist es natürlich in Repräsentation, in den fiktionalen Medien, im Film, aber auch in der Werbung. Wenn sich da was ausgedacht wird, wie das Leben wohl ist und da ist meistens das Klischee des leidvollen Lebens mit Behinderung. Dann hat das auch wieder sehr große Auswirkungen auf unser Leben, auf die Meinung über uns. Dann sind wir wieder da damit beschäftigt das gerade zu rücken und zu sagen nicht alles ist schlecht, wir sind nicht leidvolle Wesen, die die ganze Zeit ja nur zu Hause sitzen. Sondern ja wir werden auch aktiv daran gehindert bestimmte Dinge einfach zu machen. Und das sind so Mechanismen, wo ich mir wünschen würde, dass wir da noch besser werden und ja, dass wir da noch natürlicher im Team am Tisch Platz nehmen können. Es wird langsam, ne das Thema Diversität ist in aller Munde, aber leider muss man sagen, dass Behinderung dabei wirklich, wenn überhaupt als letztes genannt wird. Und ja meistens eben nicht mit genannt wird und das muss sich eben auch ändern.

Jule: Was denkst du dann, also wenn man jetzt nicht die Möglichkeit hat das Team sofort in dem Sinne divers zu machen, dass auch Menschen mit Behinderung irgendwie im Team sitzen, also das ist glaube ich einfach wahrscheinlich in ganz wenigen, da lehne ich mich jetzt weit aus dem Fenster aber wahrscheinlich also auch nicht so weit, weil wahrscheinlich in ganz wenigen Agenturen irgendwie der Fall und das ist auf jeden Fall ein wichtiges Ziel. Ich finde das ist auch eines der wichtigsten Dinge bei all diesen Themen, die ich zum Beispiel auch hier im Podcast bespreche, das einfach so diverse Teams sorgen schon vor allen irgendwie so Fehltritten, die man sich so erlauben kann und sorgen dafür dass alles bunter und spannender wird so einfach. Aber wenn man das jetzt nicht sofort übermorgen umsetzen kann, wie kann man denn irgendwie trotzdem eure Perspektive mit integrieren?

Judyta: Ja du sagst es schon so n bisschen. Dass man im Inneren am Besten dieses Knowhow hat, das jemand da die Alarmglocke bei dem losgeht und das ist natürlich aber auch eine undankbare Aufgabe, wenn du im Team dafür dann verantwortlich bist. Also die Vision von Inklusion wäre eigentlich, dass du einfach eine Kollegin hast mit Behinderung und die und wir alle irgendwie einen gewissen Grundschatz an Erfahrungen und an Wissen habt und dann schon beurteilen könntet „ne die Kampagne machen wir lieber so nicht“, bevor wir unsere behinderte Kollegin fragen. Die würde das nochmal bestätigen, aber es wäre schön, wenn wir irgendwie so alle dieses diesen Grundstock hätten an Wissen und das haben wir eben noch nicht. Deswegen gibt es 2 Möglichkeiten, also einmal sich die Expertise von außen immer zu holen ja und wenn man da immer dran denkt, dann muss man dafür auch Geld ausgeben, also das heißt immer extern dazu holen. Das machen auch viele, aber ja es wäre natürlich am Besten wenn es im Inner Circle, also direkt in der Agentur drin wäre. Und das ist auch gar nicht so schwer, ich glaube viele Menschen denken bei Behinderung an Rollstuhlfahrer*innen und wenn wir das Beispiel mal nehmen dann ist es klar. Man braucht räumliche Barrierefreiheit in der Agentur. Wenn man jetzt nicht gerade im denkmalgeschützten Altbau Gebäude sitzt, wird es auch möglich sein.

Jule: So wie Kolle Rebbe, muss ich eben einmal kurz dazu sagen. Das ist tatsächlich, jetzt wenn wir darüber reden, muss ich auch sagen wir sind nicht barrierefrei. Da arbeiten wir dran und das ist auch ein Punkt, der irgendwie uns bewusst ist.

Judyta: Ok dann bleiben wir aber trotzdem beim Thema Rollstuhl. Barrierefreiheit wird eben gleichgesetzt damit, aber das stimmt halt nicht. Barrierefreiheit ist mehr als Rollstuhlgerechtigkeit. Dann gäbe es zum Beispiel die Möglichkeit Homeoffice. Machen wir ja alle mittlerweile, da irgendwie mehr sich zu öffnen. Was natürlich auch nicht schön ist, wenn die Kollegin dann immer nur im Homeoffice ist ne und dann braucht es Team Events und so. Also da muss man sich dann auch kümmern, aber das ist so der Erste, das wäre so der erste Schritt. Dann gibt es aber auch andere Behinderungen. Also man kann sich zum Beispiel fragen, wie ist es mit blinden Menschen? Sind die Softwares, die wir benutzen, sind die barrierefrei zugänglich für diese Leute? Können die mitmachen? Können Sie ihren Arbeitsalltag bestreiten? Und viele Menschen sind da ja auch Expertinnen in eigener Sache und werden dann auch ihre Software mitbringen und sagen besorgt dies besorgt das. Also das sind wir auch immer dabei sozusagen, als Bewerberinnen bist du da auch immer so ein bisschen Expert*in und musst das auch erstmal vorstellen. Das heißt es gibt eben nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern andere Menschen und man kann es einfach mal probieren. Wichtig ist eben, dass du wenn du selbst die Bewerber*in bist und vielleicht auch noch in der Junior Stelle und mit dem Rollstuhl irgendwo ankommst. Möchtest du natürlich auch mit deinen Fähigkeiten überzeugen, du willst Werbung machen und du willst die Kampagnen raushauen und du willst nicht erstmal an deinem ersten Tag beantworten müssen so wie komm ich denn jetzt zur Toilette. Also sozusagen, ich glaube es ist ein Zwei-Wege Ding. Das man einfach drüber reden kann und dass man sich informieren muss und dann eben gemeinsam eine Lösung findet. Genau was einfach das Wichtigste ist, dass Barrierefreiheit nicht nur Rollstuhlgerechtigkeit heißt und Behinderung eben nicht nur Rollstuhl.

Jule: Und wenn man jetzt da keine Stimme intern hat, dann habt ihr ja auch glaub ich Beratungsangebote auf die man zum Beispiel zurückgreifen könnte. Also wie gesagt das ist natürlich nicht das langfristige Ziel von Inklusion und ich finde es auch wichtig zu sagen, dass das das Ziel sein sollte, dass man sich das nicht mehr zubuchen muss sag ich jetzt mal, aber vielleicht kannst du dann noch so ein zwei Sachen zu den Angeboten geben die es gibt sozusagen. Wenn man die Folge gehört hat übermorgen sofort sich reinholen kann.

Judyta: Klar wir bieten auch Beratung bei den Sozialheld*innen an, also gerne immer uns schreiben und ja es gibt ein paar Regeln in der Story natürlich eben das was wir eben schon so ein bisschen angesprochen haben. Wer taucht auf und als was? Also es gibt ja einerseits die Möglichkeit, wenn man viele Menschen zeigt, dass eben eine Person auch eine Behinderung hat und es eben nicht thematisiert wird. Das ist Mainstreaming, das wäre eben Mainstreaming, wenn man nicht aufgrund der Behinderung irgendwo vorkommt, sondern einfach weil man zum Stadtbild dazu gehört. Dann das zweite ist, wenn man eine Protagonistin oder ein Protagonist ist, der eben eine größere Rolle hat auch wieder die Frage. Warum hat man ihn gecastet? Aufgrund der Behinderung oder weil er einfach gut aussieht und weil er irgendeine Sportart treibt oder weil er irgendein Hobby hat was man erzählen möchte? Und je öfter man sich diese Frage beantwortet mit warum habe ich ihnen gewählt, mit aufgrund dieser Fähigkeiten und aufgrund der Interessen und weil diese Person einfach super interessant ist, desto mehr kommt man eben zum Disability Mainstreaming und da ist eben nicht die Behinderung die Message und die Story.

Jule: Also erstmal so der erste Schritt ist sich das bewusst zu machen, dass ich keine Ahnung wirklich so sagen so bei jeder Werbung fragen wir uns wieso arbeiten wir mit dieser Person. was hat die irgendwie für eine Rolle? Könnte dieser Mensch auch im Rollstuhl sitzen zum Beispiel oder irgendwie eine andere Behinderung haben? Und dann wird es irgendwann normal und dann kommt es in dieses Mainstreaming Ding, dass man einfach mit Menschen mit Behinderungen arbeitet ohne die auszupointen sag ich jetzt mal.

Judyta: Genau und das Zweite ist eben auch die Barrierefreiheit der Werbung. Also Untertitel das brauche ich ja nicht mal zu erzählen, weil das machen wir ja mittlerweile alle. Die, die hören können benutzen eben Untertitel, aber es ist genauso wichtig für taube Menschen eben, dass da diese Untertitel sind. Wichtiger oder ja noch besser wäre die Gebärdensprache, Gebärdensprachvideos auch bereitzustellen. Und dann gibt es natürlich auch für blinde Menschen die Alternativtexte die dauernd fehlen. Also die sozialen Medien sind ja sehr visuell. Es werden teilweise die Nachrichten auch die Message die transportiert wird, wird auf ein Bild geklatscht. In ein shared pic gemacht und wenn eben nicht im vorgesehenen Feld dafür diese Message nochmal steht, kann eine blinde Person nicht daran teilhaben, kann eben nicht sehen was heute passiert ist in der Politik oder eben bei deiner neuen Kampagne. Das ist auch eine Frage der Privilegien, also wenn man das einfach nur hinrotzt die Untertitel dann ist es einem auch egal wie taube Menschen das Konsumieren und in dem Moment sind sie eben nicht die Kund*innen. Und ähm ich glaube wir wollen ja Produkte machen und Ideen, die eben so viele Menschen wie möglich eben auch ansprechen. Das sind kleine Handgriffe, die man einüben muss, irgendwann ist es sozusagen natürlich auch drin in den Abläufen ne. Also ich glaube am Anfang der Untertitel hat man auch gesagt, das ist so viel Man oder Women Power, die da drauf geht. Mittlerweile macht man das einfach, mittlerweile wird das einfach mit eingepreist weil es zum Arbeitsalltag dazu gehört und so können wir eben nach und nach Aufstocken und noch barrierefreier werden.

Jule: Wie ist es denn für dich wenn du Werbung siehst? Also fühlst du dich mit gedacht? Ist es für dich, also ich gehe mal davon aus, wenn es um irgendwelche Beauty Produkte geht und man sieht eine Frau mit tollen Haaren oder was auch immer wir so Schönes in der Werbung gerne zeigen, fühlst du dich ja sicher schon mitgedacht, aber ich kann mir auch vorstellen das ist irgendwie an der einen oder anderen Stelle dich vielleicht gar nicht erreicht. Also wie ist es denn, es würde mich total interessieren.

Judyta: Vielleicht frag ich mal zurück. Kristina Vogel, die Rollstuhlfahrerin, hat ja jetzt auch irgendeine Haarprodukte macht sie Werbung glaub ich. Also kennst du das? Und spielt es für dich eine Rolle, ob sie im Rollstuhl sitzt? Oder ist es sozusagen eigentlich ja eher ihre Weiblichkeit? Das Haarprodukt, was da irgendwie im Vordergrund steht. Also das blendet man schon aus, aber also sonst ne in 99% der Fälle sind es ja nicht behinderte Frauen. Deswegen blendet man das schon häufig aus, aber wenn dann eben eine Kristina Vogel kommt und in der Werbung ist, ist das nochmal was sehr anderes und es ist einfach auch sehr emotional dann zu sagen man sieht sich auch endlich und wenn ich so als Kind daran zurückdenke, wie wichtig es gewesen wäre, dass ich mich öfter sehe, was jetzt schon eben besser wird. Deswegen freue ich mich für die Menschen, die jetzt jünger sind als ich und da eben heranwachsen und sich eben öfter sehen. Und ja ich würde mir aber wünschen, dass das noch viel häufiger da ist und eben nicht die Ausnahme.

Jule: Glaubst du, also das hast du ja im Endeffekt gerade schon gesagt, dass irgendwie Werbung damit natürlich auch das Fremd und Selbstbild auch irgendwie von Menschen mit Behinderungen beeinflusst, also vorher hast du ja schon gesagt das beeinflusst wie ihr gesehen werdet, sozusagen wenn was negativ gezeigt wird und wenn dieses leidvolle Leben gezeigt wird beeinflusst das irgendwie euer Leben und ihr müsst dann wieder gegen ankämpfen also wie glaubst du ja beeinflusst Werbung Selbst und Fremdbild von Menschen mit Behinderung?

Judyta: Da muss ich mal an die Beispiele auch denken, die ich mir so ja die mir so durch den Kopf gegangen sind in Vorbereitung auf unser Gespräch. Einmal die Kampagne „Runter vom Gas“ vom Bundesverkehrsministerium. Das war glaub ich 2019 und da geht es darum, das sind Plakate auf der Autobahn gewesen und da geht es eben um Raser. Und auf diesen Plakaten sind eben Menschen mit Behinderungen zu sehen ohne Gesicht. Also Rollstuhlfahrer*innen, Menschen die Prothesen haben und dann steht daneben so, weil jemand zu schnell war oder weil jemand ein Bier zu viel hatte ist man jetzt behindert. Das heißt Behinderung ist in diesem Fall eine Abschreckung und das fühlt sich schon sehr sehr scheiße an, um es mal zu sagen. Sozusagen mit seinem Leben da herhalten zu müssen als Abschreckung, als schlimmstes Schicksal was einem ereilen kann. Das kann man so sehen, das möchte ich gar nicht so abstreiten, dass natürlich Menschen denken, wenn dann was passiert, das Leben ist erstmal vorbei. Aber wir sind ja auch Gewohnheitstiere, also es gibt viele Menschen, mit denen ich immer wieder spreche, die dann auch irgendwann wieder nach vorne blicken können, sich arrangieren. Also wir können uns echt an viel gewöhnen wir Menschen. Und diese Werbung ist spielt eben mit diesem Schrecken, mit diesem Schreckgespenst Behinderung und lässt irgendwie außer Acht, dass hier der Alkohol eigentlich vielleicht eher auf dem Bild sein sollte oder der Tacho oder diese Autos, die eben so schnell fahren können. Genau also man hätte viele viele Möglichkeiten gehabt, das anders darzustellen und eben die gleiche Message zu haben.

Jule: Ich finde das super spannend, weil ich glaube dass in der Konzeption dieser Kampagne kann ich mir vorstellen wurde das überhaupt nicht mitgedacht auch sicherlich nicht böswillig, aber es wurde eben nicht mitgedacht und das ist halt so das Problem. Diese Perspektive wurde überhaupt nicht eingenommen, wie das für den Rezipienten mit Behinderung ist, also dass man das aus diesem Blickwinkel betrachtet, weil dann ist ja eigentlich sofort klar, dass man als Abschreckungsmaterial irgendwie gezeigt wird. Das ist natürlich irgendwie das Schlimmste was man sich vorstellen kann, aber aus dem Blickwinkel wurde es wahrscheinlich in der Konzeption nicht betrachtet und ich glaub das highlightet nochmal wie wichtig das ist irgendwie einfach mal kurz einen Perspektivwechsel zu wagen in der Konzeption und das zu versuchen mit anderen Augen anzuschauen und diesen Moment zu nehmen. Ich glaube das hilft total. Und eben auch zu sagen wir sind auch Konsument*innen. Wir sind auch Kund*innen, wir wollen ja vielleicht auch das Produkt kaufen und deswegen sollte man uns vielleicht nicht zu verschrecken. Was aber schön ist, das eben ja Werbung schon vielfältiger wird, dass es eben auch gezeigt wird. Pedigree Hundefutter oder Langnese Eis, das da einfach Rollschuhfahrer*innen gezeigt werden zwischen ganz ganz vielen anderen Menschen, weil wir eben auch Leute sind die Eis essen und Hunde haben so, soll vorkommen, dass wir das auch machen. Deswegen also das ist das Mainstream schlechthin, eben uns auch als Eis schleckende Menschen zu zeigen und eben Hundebesitzer*innen. Und was ich auch schön fand, war ein Beispiel von Osram, die machen ja Glühbirnen. Der Spot ist aber auch schon einige Jahre her. Da erzählt ein Fotograf etwas zum Thema Licht, also Glühbirne Licht und sagt dann wie sehr Licht auch seinen Job als Fotograf beeinflusst und dieser Fotograf sitzt halt im Rollstuhl und es wird nur gezeigt, es wird nicht thematisiert, es spielt keine Rolle, er ist eben als Fotograf da und redet über Licht.

Jule: Das ist Disability Mainstreaming über das wir die ganze Zeit reden, tolles Beispiel dafür. Wenn wir schon über gute Beispiele sprechen. Wir haben ja die Goldrunde im Podcast, bei der wir, so du darfst deine Lieblingswerbung kühren, wo du sagst, so die ist besonders inklusiv oder besonders irgendwie macht sogar aktivistisch was für Menschen mit Behinderung oder ist eben einfach nur Disability Mainstreaming. Hast du da einen Sieger für dich auserkoren oder hast du vielleicht auch mehrere Beispiele mitgebracht?

Judyta: Ich würd da die „Show us“ Kampagne von Dove nominieren. Wurde die schon häufig genannt?

Jule: Ne, also Dove ist natürlich immer ein Thema, aber ist ja auch ok, aber die Kampagne noch nicht ne.

Judyta: Genau das ist ja nicht ein kurzer prägnanter Werbespot, sondern es ist ja wirklich eine Kampagne mit vielen verschiedenen Themen. Es ging um Stock Images, also um Stock Bilder. Getty Images war dabei und die haben wirklich eben authentische Bilder gemacht von unter anderem Frauen mit Behinderungen. Und das fand ich wirklich sehr schön, gerade auch als Frau mit Behinderungen so angesprochen zu werden, weil das muss man auch sagen, dass Behinderung auch sehr häufig als ja als Neutralität, Geschlechterneutralität irgendwie auch dargestellt wird. Wir kennen ja alle dieses Parksymbol das weiße Rollstuhl Symbol mit dem blauen Grund. Das ist dann so die Behinderten, der Rollstuhl, sprachlich auch der Rollstuhl und nicht eine Person und Frauen mit Behinderungen sind dann nochmal unsichtbarer. Also das ist jetzt die minere Betrachtungsweise, ich weiß aber ja es ist einfach so, dass Frauen noch weniger sichtbar sind.

Jule: Was findest du denn können wir von dieser Werbung lernen oder was ist also wieso hast du dich für diese entschieden? Und was sind so die Key Take Aways gewesen, wo du sagen würdest, so deswegen findest du das wichtig und deswegen sollten wir das mehr in der Werbung machen und mehr sehen.

Judyta: Es ist ja nicht der der 30-sekünder, es ist ja nicht der Werbespot, sondern es ist ja wirklich eine größere Kampagne, deswegen hat sie mehr Zeit, sie kann einen mehr berühren, sie kann noch viel mehr zeigen, noch viel mehr Frauenbilder mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften. Das hat mich eben so bewegt, dass da so viel gemacht wurde. Wir sind ja auch schnell beim Kritisieren, ihr habt eine Gruppe vergessen und aus meiner Sicht waren da wirklich sehr sehr viele verschiedene Frauenbilder dabei. Das hat mich eben so berührt, dass das da so viel Raum war, für die Geschichten dieser Frauen, dass sie einfach gezeigt wurden in denen Sachen, die sie machen. Also beim Sport, in verschiedenen Berufen, also da war nicht dieses Frausein irgendwie nur die Message, sondern das war so vielschichtig in den Bildern und in der Sprache. Das war sehr schön. Und auch Menschen, die eigene Geschichte erzählen lassen, also wir sind glaube ich schnell dabei Geschichten über Menschen zu erzählen. Aber wirklich nochmal sich zurück zu nehmen als Medienmacher*in, die wir ja auch alle irgendwie sind, dass wir Vorurteile haben wenn wir in so einem Drehtag reingehen, das ist völlig normal, das hat jeder und jede aber immer wieder auch so ein bisschen so einen Schritt zurückzugehen und wirklich zuzuhören und dann die Klischees wieder so ein bisschen zu Hause zu lassen und die Klischeeschublade so ein bisschen zu zu machen, wenn es eben nicht die Held*innengeschichte ist, die ich eigentlich erwarte sondern erzähle ich sie eben anders mit der Person zusammen. Das ist das was ich mir wünschen würde. In der Werbung sieht man ja auch manchmal so, wenn die Paralympics zum Beispiel sind. Das sind eben Spitzensportler*innen, also genauso wie wenn die DFB dann irgendeinen Aftershave bewirbt so das sind ja wirklich Leute zu denen wir aufsehen oder also Menschen die sich dafür interessieren. Und das ist auch etwas, das man da eben auch, es war mal in einer Kampagne „Superhumans“ hieß das mal, also auch über Menschen ne, das ist natürlich auch so ein bisschen im Sport das Wording, dass das eben Supermenschen oder Übermenschen sind, aber eben das dass wir neben Kristina Vogel eben auch eine ganz normale Person haben mit Behinderung. Das ist eben auch wichtig. Diese Sichtbarkeit von eben nicht nur den großen Namen, die man natürlich braucht, das ist mir klar aber eben auch ganz ganz normale Menschen von nebenan, die man eben auch sehen muss.

Jule: Vielleicht nochmal abschließend meine Frage: Was kann Werbung denn jetzt gegen Ableismus und eben für bessere und mehr Inklusion in der Gesellschaft tun?

Judyta: Ein behinderter Mensch, der in der Werbung Apfelsaft trinkt, kann eben bewirken, dass viele Kinder mit Behinderung denken ich werde, ich sehe mich gerade im Fernsehen und bin Teil davon, bin Teil dieses Ganzen. Denn zu oft ist es eben so, dass andere Leute uns eben auch sagen „du bist anders, du bist hier das Problem, du bist hier irgendwie der Showstopper“ und Werbung hat ja auch etwas sehr Leichtes. Also es ist ja auch so ein Lifestyle und wenn wir da nicht auch vorkommen oder wie cool wäre das, wenn wir da mehr vorkommen als behinderte Menschen und eben auch diese Leichtigkeit sehen, die wir eben genauso haben.

Jule: Was kann Werbung eigentlich ist eine Produktion von Jule Fuhrmann mit Unterstützung von Kolle Rebbe. Die neue Staffel „Was kann Werbung eigentlich?“ erscheint nach unserer Sommerpause wieder jeden ersten Montag im Monat. Updates zum Staffelstart gibt es bei Kolle Rebbe auf Instagram oder Linked In. Vielen Dank für diese erste tolle Staffel an Linda, Natascha, Katharina, Claas, Thomas, Zoe und Greta. Musik produziert von Martha.

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